"Superradwegenetz Tübingen" vor dem Abschluss
365-Meter-Radwegbrücke komplettiert das Band
Tübingen (ABZ). – Mit dem letzten Bauabschnitt, der "Radbrücke West" wird das "Superradwegenetz Tübingen" im Oktober 2024 fertiggestellt. Vier Radwege ergeben ein 1,5 km langes "Blaues Band", das der Nutzung der Fährräder exklusiven Raum zur Verfügung stellt. Allein die "Radbrücke West" erstreckt sich über 365 m und vollführt dabei diverse Kurven. Die von den Brückenbau-Spezialisten Schmees & Lühn konstruierten, gefertigten und montierten Elemente millimetergenau aneinanderzufügen, war daher eine besondere Herausforderung.
Über eine Länge von rund 365 m schlängelt sich die 4 m breite Radwegbrücke durch den Westen Tübingens. Sie überbrückt dabei unter anderem eine Bundesstraße und diverse Bahngleise. Mit der offiziellen Inbetriebnahme der Stahlkonstruktion im Oktober komplettiert die sogenannte "Radbrücke West" als Nord-Süd-Achse das "Superradwegenetz Tübingen".
Seit 2021 wurden dafür vier Brücken errichtet, deren Nutzung ausschließlich den Radfahrenden vorbehalten ist. Aufgrund der einheitlichen Farbgebung trägt das insgesamt rund 1,5 km lange Radwegenetz den Beinamen "Blaues Band". Die Universitätsstadt will laut eigener Aussage dem Fahrrad als klima- und umweltfreundlichem Fortbewegungsmittel mit diesem Projekt mehr Raum geben.
Um die Überführung in der kalten Jahreszeit eisfrei und sicher zu halten, ist sie über die gesamte Länge hinweg mit Flächenheizungen ausgestattet. Auf diese Weise spare sich die Stadt die Anwendung von Streusalz, das die stählernen Radwege im Laufe der Zeit beschädigen könnte. Für die bestmögliche Orientierung auf der Brücke auch im Dunkeln sind die Handläufe zudem mit LED-Beleuchtungen ausgestattet.
Ein Kreis schließt sich
Schon beim ersten Abschnitt des "Superradwegenetzes", der "Radbrücke Mitte", waren die Brückenbau-Spezialisten von Schmees & Lühn aus dem emsländischen Niederlangen maßgeblich involviert. Sie konstruierten und fertigten laut eigenen Angaben die Brücke im eigenen Werk und montierten sie auch selbst in Tübingen. Dasselbe gilt für den letzten Abschnitt, die "Radbrücke West", womit sich laut Schmees & Lühn nun ein Kreis schließt.
In Abstimmung mit dem Bauamt der Stadt sowie dem mit der Ausführungsplanung beauftragten Ingenieurbüro Mayr – Ludescher – Partner aus Stuttgart wurde das Bauwerk geplant. Auch diese Brücke hat Schmees & Lühn in der – neuen und größeren – Fertigungshalle im Emsland hergestellt, um sie dann nach Tübingen zu transportieren und dort fertigzustellen. Beispielsweise wiegt das letzte, im August 2024 eingesetzte Brückenteil mit seinen rund 22 m Länge etwa 33 t.
Jens Legtenborg, Projektleiter bei Schmees & Lühn, erklärt den wesentlichen Unterschied zum ersten Abschnitt, der "nur" circa 35 m maß: "Allein schon die Dimensionen sind beeindruckend: Der Stahlbau für die Radbrücke West' ist 305 Meter lang und besteht aus insgesamt 15 Segmenten, die jetzt allesamt eingehoben und miteinander verschweißt wurden. Eine wesentliche Herausforderung besteht in der Geometrie – sowohl auf der horizontalen als auch auf der vertikalen Ebene: Die Brücke ist bis zu elf Meter hoch und vollzieht in ihrem Verlauf viele Kurven.
Die Anschlüsse jeweils millimetergenau herzustellen, erforderte allergrößte Sorgfalt."
Einen besonderen Kniff haben die Emsländer laut eigener Aussage bei dieser Brücke mit dem Einsatz eines sogenannten lagerlosen Systems umgesetzt. Dabei ruhen die Elemente auf Stützenfederlamellen aus S690-Stahl, um eine besonders hohe Haltbarkeit zu gewährleisten. Temperatureinwirkungen sollen so durch ein "Bogenatmen" aufgenommen werden, um die Zwängungsbeanspruchung zu reduzieren. Anders ausgedrückt: Verformungen der langen Stahlblechbrücke unter schwankenden Temperaturen sollen aufgrund dieser Konstruktion praktisch keine Rolle spielen. Nach der Montage wurden die Stahlelemente für den Korrosionsschutz mit einer RHD-Beschichtung behandelt.
Komplizierter Transport
Schmees & Lühn investierte eigenen Angaben zufolge in die Fertigung der Brücke rund 24.000 Arbeitsstunden; die Montage erforderte weitere rund 7000 Arbeitsstunden. Als zusätzliche Herausforderung erwies sich laut Hersteller insbesondere der Transport der Bauteile, der sowohl per Tieflader als auch auf dem Wasserweg erfolgen musste. "Dies war deshalb so kompliziert, weil einige Straßen gerade in Baden-Württemberg nicht für den Transport der großen Brückenteile nutzbar waren. Deshalb floss ein nicht zu unterschätzender Teil unserer Planungsleistungen in die Logistik dieses Projekts", sagt Jens Legtenborg.
Die Gesamtkosten für den Bau des letzten Abschnitts "Radbrücke West" belaufen sich auf rund 15 Millionen Euro. Der Bund fördert das Projekt mit 7,3 Millionen, und das Land Baden-Württemberg steuert rund vier Millionen Euro bei. Bei der Stadt Tübingen liegt eine Investition von etwa 3,7 Millionen Euro, heißt es.