Vier Krangiganten in der Windkraft

BMS Heavy Cranes montiert Offshore-Anlagen in Esbjerg

Esbjerg/Dänemark (ABZ). – Alles ist relativ – wo vielfach der beliebte Liebherr-Raupenkran LR 1750/2 der Alleskönner auf der Windkraft-Baustelle ist, setzt ihn Lars Thomsen, Onsite Project Manager von BMS Heavy Cranes im dänischen Esbjerg, lediglich als Hilfskran ein.

Ein Liebherr LR 11350 in SDB-Konfiguration mit 132 m Hauptausleger hebt ein Turmsegment auf die Montageplattform. Aufgabe der Raupenkrane ist die Montage des Turmes, der fertige Turm wird vom Schiffskran auf das Errichterschiff gehoben. Foto: Liebherr

Derzeit arbeitet das 35-köpfige BMS Heavy Cranes Team in Esbjerg an einem Großauftrag: Montage von 106 Windkrafttürmen für einen neuen Windkraftpark nahe Borkum. Thomsens in Esbjerg bevorzugte Hebezeuge sind drei Liebherr-Hochleistungs-Raupenkrane LR 11350 in SDB-Konfiguration mit 132 m Hauptausleger und 42 m Derrick. Leistete eine Windkraftanlage 1980 nur 50 kW und hatte 15 m Nabendurchmesser, sind die aktuellen Offshore-Windkraftanlagen bei 1 MW und 200 m Rotordurchmesser angelangt – mit steigender Tendenz.

Esbjerg (70.000 Einwohner) ist das Zentrum der dänischen Offshore-Windkraft-Aktivitäten in der Nordsee. Liebherr-Gittermastkrane der erfolgreichen LR-Baureihe spielen deshalb in Esbjerg eine große Rolle. Sie werden zur Montage der Turmelemente zu einem rund 110 m hohen Turm eingesetzt. Der fertig verkabelte Turm wird auf einer Spezial-Plattform von den LR 11350 aufgestellt und von dort mit dem Bordkran des Errichterschiffs übernommen. Pro Fahrt werden vier Anlagen, also 12 Rotorblätter, vier Turbinen und vier Türme transportiert.

BMS-Crane Supervisor Michael Leonard überprüft die Windgeschwindigkeit mit der BMS-Mobil-App. Foto: Liebherr

"Bis 13,5 m/s Windgeschwindigkeit sind wir safe", so Thomsen. Neben der LICCON-Kransteuerung, die permanent den Wind anzeigt, setzt BMS zusätzlich eine eigene App ein, die den Verantwortlichen jederzeit Zugriff auf die Winddaten erlaubt. "Das ist sehr wichtig", sagt Crane Supervisor Michael Leonard, der sonst für BMS in Schottland Montagen koordiniert. "Ich achte penibel auf Wind und Wetter und stimme mich zusätzlich mit dem Montageunternehmen Fairwind und dem Windkraftanlagen-Hersteller ab – erst, wenn wir im Verbund sagen, dass gezogen wird, machen wir den Hub. Ein 100 t schweres Turmelement darf eben nicht ins Schwingen geraten."

Die von BMS eingesetzten Liebherr-Raupenkrane in der 1400-Tonnen-Klasse sind permanent aufgerüstet und mit 400 t auf dem Oberwagen ballastiert. Bei schweren Hüben werden zusätzlich 260 t Schwebeballast aufgenommen. Die Hübe sind kompliziert, oftmals muss auf speziellen Krantrassen mit Last verfahren werden. Diese sind sehr genau nivelliert, damit der Schwerpunkt immer perfekt im Kranzentrum liegt, was dem Fahrer in Echtzeit digital von der LICCON angezeigt wird, erläutert der Hersteller.

Michael Leonard merkt an: "Ich kenne alle unsere Liebherr-Krane, höre Besonderheiten im Betrieb und bin mit unseren Fahrern ständig im Funkkontakt". BMS-Fahrer kontrollieren die vier großen LR-Raupenkrane täglich vor Inbetriebnahme – feste Fahrerteams sind den Maschinen zugeordnet – gearbeitet wird zweischichtig je zwölf Stunden. Auch Nebel, Regen oder Dunkelheit behindern die Arbeiten nicht. Kameras am Haken und an der Auslegerspitze geben dem Fahrer einen perfekten Blick auf Haken, Seile und Last. Weitere Kameras überwachen, wie bei LR-Großkranen üblich, das Auf- und Abspulen der Seile. Fakt ist: Der LR 11350 wird in nicht allzu ferner Zukunft am Ende seiner Leistungsfähigkeit sein. BMS und andere Verleiher mit Schwerpunkt in der Offshore-Windindustrie sind in permanentem Dialog mit Liebherr in Ehingen, denn die Turbinen werden schwerer, die Türme höher und es ist kein Ende in Sicht.

Eine Spirale, die laut BMS nur in enger Abstimmung zwischen Windkraftanlagen-Herstellern und dem Kranhersteller bewältigt werden kann. BMS betreibt eine über 100 Maschinen umfassende Gittermast-Raupenkran-Flotte weltweit von Taiwan über Australien, Amerika und Arabien: "Die Liebherr-Produkte sind Spitzengeräte – speziell das Aufbauen, das schnelle Abrüsten und die hervorragende LICCON-Steuerung machen uns die Arbeit leicht", so Thomsen. Fahrer der superschweren Giganten arbeiten sich bei BMS vom Zweiachser LTM 1040-2.1 über große Teleskopkrane zu den Raupenkranen hoch.