Paus Geschäftsführer Wolfgang und Franz-Josef Paus

Die Frage nach der Verhältnismäßigkeit muss erlaubt sein

Seit 2002 leiten die Geschäftsführer Wolfgang (re.) und Franz-Josef Paus die Geschicke der Hermann Paus Maschinenfabrik GmbH.Foto: Bachmann

Seit nahezu einem halben Jahrhundert fertigt die Hermann Paus Maschinenfabrik in Emsbüren Sonderlösungen für die weltweite Bau- und Bergbauindustrie. Wie der Nischenanbieter mit der wechselhaften Konjunktur auf dem Weltmarkt umgeht, welche Themen das Unternehmen aktuell beschäftigen und welche Rolle dabei der deutsche Markt für Paus spielt, erzählten die Geschäftsführer Wolfgang und Franz-Josef Paus im ABZ-Interview. Die Fragen stellte ABZ-Chefredakteur Robert Bachmann.

ABZ: Herr Paus, bauwirtschaftlich betrachtet erleben wir aktuell ein konjunkturelles Allzeithoch und auch das neue Jahr ist mit positiven Wirtschaftsprognosen gestartet. Wie haben Sie das vergangene Jahr erlebt und mit welchen Erwartungen blicken Sie auf 2017?

Wolfgang Paus: Nach einer eher verhaltenen Entwicklung im Nachgang des Allzeithochs in 2012 war 2016 auch für uns ein Jahr, in dem das Geschäft wieder deutlich angezogen hat. Das zeichnete sich unabhängig von der bauma auch schon vor April ab und hält nach wie vor an, so dass wir auch für 2017 sehr optimistisch sind. Speziell in Deutschland zeigt sich die Bauwirtschaft wieder deutlich zufriedener mit sich selbst. Entsprechend ist auch die Bereitschaft wieder gestiegen, in Sonderlösungen abseits des Massenmarktes zu investieren. Mit unseren Schwenk- und Teleskopladern bedienen wir genau diesen Markt und können damit von der gestiegenen Investitionsbereitschaft profitieren. Hinter unseren Erwartungen zurückgeblieben ist hingegen der landwirtschaftliche Sektor. Aspekte wie der nach wie vor niedrige Milchpreis u. Ä. drücken hier noch immer das Geschäft, so dass wir trotz der Euro Tier im vergangenen Jahr nicht die Zahlen erreichen konnten, die wir uns vorgestellt hatten.

Franz-Josef Paus: Wenn Sie die Statistiken betrachten, haben wir in Deutschland bereits wieder das Rekordniveau von vor der Weltwirtschaftskrise erreicht. Hier muss aber natürlich noch unterschieden werden, um welche Art von Maschinen es sich handelt. Von derart großen Schwankungen der Weltwirtschaft, wie wir sie in den letzten Jahren erlebt haben, ist natürlich vor allem der Massenmarkt betroffen. Allem voran das Mietgeschäft, das rund ein Drittel des Gesamtmarktes ausmacht. Wir hingegen verkaufen keine großen Flotten an Vermieter, sondern projektspezifische Sonderlösungen direkt an den Anwender. Wenn der Mietmarkt atmet, führt das bei den großen Massenherstellern zu entsprechend großen wirtschaftlichen Ausschlägen. Wir sind von derartigen Schwankungen jedoch nicht in demMaße betroffen.

ABZ: Sie machen rund 70 % Ihres Geschäfts im Ausland. Hat der deutsche Markt im Zuge des Konjunkturaufschwungs an Relevanz für Sie zugenommen?

Wolfgang Paus: Der deutsche Markt ist für uns relevant und wichtig in den beiden Bereichen, die wir neben dem Bergbau bedienen: Baumaschinen und Lifttechnik. Hier profitieren wir von der hohen Stabilität des deutschen Marktes. Das Deutschlandgeschäft bildet damit eine sehr gute und verlässliche Grundlage, um eventuelle Schwankungen in unserem Basisgeschäft auf dem etwas volatileren Bergbau-Markt zu kompensieren.

ABZ: Speziell die GUS-Märkte sind für Paus traditionell wichtige Märkte. Erst 2014 haben Sie eine eigenständige russische GmbH gegründet. Erlaubt Ihnen das, die schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen im Rahmen der EU-Sanktionen besser zu managen?

Franz-Josef Paus: In Russland sind wir bereits seit langer Zeit aktiv. Noch vor der GmbH-Gründung in 2014 durch eine Repräsentanz vor Ort und noch davor durch diverse geschäftliche Aktivitäten. Dabei bedienen wir in Russland sowohl die Bereiche Landwirtschaft und Bau als auch unser Hauptgeschäft im Bereich Bergbau. Keiner dieser Bereiche ist von den Sanktionen unmittelbar betroffen. Problematisch ist hier eher die allgemeine wirtschaftliche Schwäche in Russland sowie der schwache Rubel. Nichtsdestotrotz ist die Situation in diesen drei Geschäftsfeldern sehr unterschiedlich zu betrachten. Den Landwirten in Russland geht es bspw. sehr gut aktuell. Abgesehen vom schwachen Rubel, der unsere Produkte dort entsprechend verteuert, haben die Sanktionen die Konjunktur hier belebt und zu einer höheren Investitionsbereitschaft geführt. Im Bau sieht es da schon dramatischer aus. Alles, was aktuell in Russland gebaut wird, muss auch aus Russland heraus bezahlt werden. Dabei drückt der schwache Wechselkurs natürlich die Importe. Das Gleiche gilt im Übrigen auch für China. Der Bergbau ist in den vergangenen Jahren sehr stark eingebrochen, sowohl in Russland als auch in China. Auch hier muss allerdings klar unterschieden werden, denn von dieser Entwicklung sind nicht alle Bereiche der Gewinnungsindustrie gleichermaßen betroffen. Während bspw. die Kohle- und Erdölgewinnung stark gelitten haben, steht es um die Metallgewinnung deutlich weniger schlimm. Stahl, Nickel, Zink usw. werden im Gegensatz zu den fossilen Rohstoffen gegen Dollar und mit Zugriff auf Devisen auf den internationalen Märkten gehandelt. Deshalb hat der Hardrock-Bereich, in dem auch wir uns im Bergbau hauptsächlich bewegen, nicht in dem Maße Federn gelassen, wie es andernorts der Fall war.

ABZ: Wie sieht es in Amerika aus? Ist hier schon eine Art Trump-Effekt zu spüren?

Franz-Josef Paus: Im Moment spürt man davon noch gar nichts. Zumindest auf unsere Umsätze in den USA hat die Präsidentschaftswahl bislang keinen merklichen Einfluss gehabt. Einzig die ohnehin wieder in der Aufwärtsbewegung befindlichen Rohstoffpreise hatten kurz nach der Wahl einen kleinen Sprung nach oben gemacht. Das lag natürlich vor allem an den großzügig angekündigten Infrastrukturprojekten. Betrachtet man jedoch den durchschnittlichen Rohstoffverbrauch der USA, kann man, nüchtern betrachtet, jedoch nicht davon ausgehen, dass die Rohstoffnachfrage hier massiv und vor allem nicht nachhaltig steigen wird. Deutlich zu spüren ist natürlich eine allgemeine Begeisterung vor Ort, insbesondere bei den Bergwerksleuten, denen versprochen wurde, zahlreiche Kohlegruben wieder zu öffnen. Ob das am Ende auch so kommen wird, weiß man derzeit nicht. Und noch viel weniger, ob das dann auch den erhofften Effekt haben wird.

ABZ: Weder Trump noch Russland treiben Ihnen allzu tiefe Sorgenfalten auf die Stirn. Gibt es andere Themen, die Sie aktuell besonders beschäftigen?

Wolfgang Paus: Als Anbieter von Sonderlösungen sehen wir schon seit einiger Zeit eine problematische Entwicklung in der zunehmenden Verschärfung von Regularien. Die Umstellungen, etwa in Folge der Emissionsvorschriften oder aktuell im Rahmen der neuen CE-Zertifizierungen, stellen für kleinere Hersteller wie uns einen enormen Kraftakt dar. Viele dieser Vorschriften sind richtig und wichtig. Insbesondere im Bereich der Sicherheitskontrolle und -Zertifizierung muss man jedoch auch nach der Verhältnismäßigkeit stetig steigender Anforderungen fragen. Viele dieser Regelungen sind zudem EU-exklusiv. Um also an den Weltmärkten aktiv zu sein, muss man entsprechend mehrere verschiedene Modelle einer Maschine bereithalten. Für uns, die wir nicht den Massenmarkt bedienen, sind dies schon atemberaubende Entwicklungen.

Franz-Josef Paus: Grundsätzlich begrüßen wir natürlich hohe Sicherheitsstandards, wie wir sie in Deutschland und in der EU haben. Man muss aber auch die Frage stellen dürfen, in welcher Geschwindigkeit sich der Gesetzgeber von einer Stufe zur nächsten bewegt. Gegenüber den Massenanbietern verkaufen wir verhältnismäßig kleine Stückzahlen in unterschiedliche Märkte. Bei diesen Maschinen setzen wir zudem je nach Bedarf zahlreiche Sonderfunktionen um. Dabei die jeweils aktuellen Maschinenrichtlinien umzusetzen, stellt für uns eine ungleich höhere Investition dar, die sich bei den zunehmend kürzeren Übergangszeiten nur schwer amortisieren lässt. Damit steigt der Preis unserer Produkte. Nach wie vor gibt es erfreulicherweise Kunden, die bereit sind, diesen Preis für unsere Lösungen zu bezahlen. Unsere Sorge ist jedoch, dass auch diese Entwicklung Grenzen hat.

ABZ: Wo kommt dieser Regulierungswahn aus Ihrer Sicht her?

Franz-Josef Paus: Dieses Thema wurde Anfang der 90er-Jahre von den großen Herstellern auf den Tisch gebracht. Dahinter stand das Interesse, die eigenen Maschinen in möglichst einheitlichen Wirtschaftsräumen vertreiben zu können. Die kleineren Hersteller standen in dieser Diskussion überhaupt nicht im Fokus. Viele dieser kleineren Anbieter wussten aus unserer Sicht gar nicht, was dort in Brüssel besprochen wurde. Das ist in den vergangenen Jahren besser geworden. Insbesondere deshalb, weil viele der Akteure über die Zeit ihre Stimme erhoben haben. Noch einmal: Technologisch haben wir überhaupt kein Problem damit, bspw. ein und denselben Radlader mit unterschiedlichen Spezifikationen für unterschiedlich regulierte Märkte auszustatten. Das jedoch nicht für ein und denselben Preis. Das Problem dabei ist, dass jede individuell ausgestattete Maschine auch individuell zertifiziert werden muss. Das verursacht zusätzliche Kosten. Der Kunde sieht von alldem nichts. Ihn interessiert nur, was die Maschine am Ende leisten kann. Höhere Kosten für Features, die den Kunden gar nicht interessieren, sind nur schwer zu erklären.

Wolfgang Paus: Anders ist das natürlich, wenn es regional bzw. im Rahmen von Projekten entsprechende Vorschriften gibt, welche die Nutzung bspw. der aktuellen Abgastechnologie zwingend macht. Das wird jedoch im Moment nur sehr inkonsequent umgesetzt. Hinzu kommt, wie gesagt, das Problem der Verhältnismäßigkeit. In der öffentlichen Wahrnehmung gelten Baumaschinen nach wie vor als Krachmacher und Dreckschleudern. Das ist jedoch schon lange nicht mehr der Fall. In der ganzen Thematik um Treibhausgase und Klimawandel spielen Pkw und Lkw eine viel größere Rolle, schon aufgrund ihrer wesentlich höheren Verbreitung. Mit der aktuellen Motortechnik steht die Baumaschine mit ihrem CO2-Fußabdruck bereits wesentlich besser da als die neuen Pkw mit Euro 6. Hier herrscht ein Widerspruch, den es öffentlichkeitswirksam aufzulösen gilt.

ABZ: Welche Rolle spielen für Paus die aktuellen Trend-Themen Digitalisierung bzw. Automatisierung?

Wolfgang Paus: Aus unserer Sicht befindet sich der Markt hier noch in einem fortlaufenden Findungsprozess. Was genau ist unter Digitalisierung zu verstehen? Welche Maßnahmen und Technologien sind in welchem Bereich überhaupt sinnhaft? Hier sind viele Dinge aktuell in Bewegung, auch bei uns. Wir arbeiten u. a. zusammen mit Hochschulen in verschiedenen Projekten, um auf breiter Spur praxistaugliche Lösungen zu finden und zu entwickeln. Dabei konzentrieren wir uns ganz klar auf offene Lösungen, die den Anschluss an den allgemeinen Markt erlauben. Der ein oder andere Hersteller ist hier vielleicht daran interessiert seine, exklusive Systeme zu etablieren. Für uns als kleineren Hersteller kann dies jedoch nicht die Lösung sein.

Franz-Josef Paus: Ich denke, die Bedeutung der einzelnen Maschine wird tendenziell immer mehr abnehmen. Den Kunden interessiert nicht, welchen Bagger oder Radlader er da besitzt, sondern ihn interessiert das Ergebnis seiner Arbeit, und damit das Ergebnis eines Zusammenspiels verschiedener Maschinen. Hier wird die Prozessplanung und -optimierung zunehmend wichtiger werden. Hierfür ist die Vernetzung von Maschinen die Voraussetzung, und dabei werden offene Schnittstellen an den unterschiedlichen Maschinen unabdingbar sein. Als Nischenanbieter sind wir natürlich sehr daran interessiert, uns von vornherein in diese Entwicklung einzuklinken.