BPW Bergische Achsen

Extremer Aufschwung nach zeitweisem Tief

Peter Lindner (Director Sales Business Unit Customised Solutions bei BPW Bergische Achsen KG) erläutert die neuen Entwicklungen seines Unternehmens. Foto: BPW

ABZ: Herr Lindner, wie hat die Pandemie denn Ihr Unternehmen betroffen?

Lindner: Ich hole etwas aus, denn man muss zurück in die Zeit von 2020. Natürlich sind wir, wie alle anderen auch, von den Auswirkungen der Pandemie betroffen gewesen. Diese Entwicklung konnte niemand vorhersehen. Zu jener Zeit wurden eigentlich alle Investitionsvorhaben, insbesondere in Bezug auf Nutzfahrzeuge, storniert oder auf Eis gelegt – als wäre die Branche kurzzeitig in eine Schockstarre verfallen. Nach diesem temporären Tief kam aber ein extremer Aufschwung, sodass wir das Geschäftsjahr 2021 mit einem konsolidierten Umsatz von 1,632 Milliarden Euro in der BPW Gruppe als eines der besten in der BPW Geschichte abgeschlossen haben.

ABZ: Haben Sie denn die vielen Messeausfälle und -verschiebungen getroffen?

Lindner: Die Transport- und Logistikbranche ist aus meiner Sicht ein Peoples Business. Die digitalen Veranstaltungsformate, an denen wir in den vergangenen zwei Jahren als alternative zu Messen und anderen Branchenevents teilgenommen haben, waren gut, aber einfach nicht vergleichbar mit dem echten Messegeschehen. Man kann Kunden und Interessenten sicherlich gut über digitale Medien erreichen, aber der persönliche Austausch ist extrem wichtig.

ABZ: Was hatten Sie da im Detail versucht, um die Messen zu kompensieren?

Lindner: Um den persönlichen Besuch beim Kunden oder das Gespräch auf Messen wenigstens teilweise zu kompensieren und vis-a-vis mit ihm darüber zu sprechen, wie wir ihn in dieser schwierigen Phase am besten unterstützen können, haben wir beispielsweise Videokonferenzen und -Chats aus dem Büro oder Homeoffice durchgeführt. Darüber hinaus haben wir wie gesagt an digitalen Veranstaltungsformaten teilgenommen, um unsere Lösungen vorzustellen und mit den Teilnehmern ins Gespräch zu kommen. Natürlich haben aber auch viele Kunden und Partner die Zeit des Lockdowns dazu genutzt, sich online auf dem Laufenden zu halten. Das haben wir beispielsweise auf den Seiten unseres digitalen Magazins Motionist.com gemerkt, auf dem wir regelmäßig über spannende Transporte und Kundengeschichten aus der Branche berichten.

ABZ: Wie würden Sie denn bisher das Messejahr 2022 einschätzen, bezogen auf bereits abgehaltene und noch kommende Veranstaltungen?

Lindner: Die IAA Transportation hat nach langer pandemiebedingter Pause Ende September endlich wieder stattgefunden. Für die BPW Gruppe gehört die Messe zu den wichtigsten Veranstaltungen. Wir haben in Hannover viel Neues gezeigt – insbesondere im Hinblick auf die Elektrifizierung von Nutzfahrzeugen. Unseren elektrischen 7,5 Tonnen Lkw BAX konnten die Besucher sogar Probefahren. Für unsere ePower Achse, die als Teil des AxlePower-Systems von Thermo King beim Fahren und Bremsen Energie rekuperiert, um damit das Kühlaggregat zu versorgen, haben wir sogar den dritten Platz beim Trailer Innovationspreis erhalten. Bereits Mitte September war BPW bereits auf der Automechanika in Frankfurt. Und jetzt geht der Messeherbst mit der bauma weiter, auf die wir uns sehr freuen. In München stellen wir insbesondere unsere Achs- und Fahrwerkslösungen für Spezialfahrzeuge vor. Es ist schön, Kunden und Interessenten in diesem Rahmen wieder persönlich zu treffen.

ABZ: Welche Erwartungen haben Sie denn an die bauma? Es ist ja doch etwas her, dass sie das letzte Mal stattfand.

Lindner: Die bauma ist die Leitmesse für unsere Business Unit Customised Solutions. Es gibt vielfältige Transportaufgaben – und manche sind besonders herausfordernd. Genau darauf fokussieren wir uns in dieser Geschäftseinheit von BPW. Immer größere und schwerere Lasten werden über die Straße transportiert, zum Beispiel 80 Meter lange Windradflügel, ganze Bohrinseln oder bis zu 1000 Tonnen schwere Betonbrückenteile. Dafür braucht man robuste und zuverlässige Achsen und Fahrwerksysteme, die wir auf der Messe zeigen. Wir wollen an unserem Stand mit Kunden und Interessenten über ihre aktuellen Projekte und ihre Entwicklungsprojekte sprechen, wollen Lösungswege aufzeigen und Trends im Bereich des Baumaschinen-Transports aufdecken. Denn für uns ist natürlich entscheidend, ob und wie sich diese Trends auf das Fahrwerk auswirken – das wollen wir antizipieren und gemeinsam mit unseren Kunden schon frühzeitig darüber diskutieren. Sowohl mit den Fahrzeugherstellern als auch mit den Schwerlastspediteuren. Denn letztendlich haben sie die Fahrzeuge im Einsatz und können durch ihre Erfahrung wertvolle Erkenntnisse für gemeinsame Entwicklungen liefern.

ABZ: Das ist eine gute Überleitung. Welche Neuheiten werden denn da stehen?

Lindner: Wir zeigen im Wesentlichen unsere Achs- und Fahrwerkslösungen für Spezialfahrzeuge und -transporte. Dazu gehören beispielsweise Pendelachsen, Tiefladerachsen, Achsstummel und Lenkachsen. Darüber hinaus bringen wir auch ein 30-Tonnen-Pendelaggregat und die Antriebsachse AGRO Drive aus dem Agrarbereich mit, denn diese Lösungen werden immer häufiger auch auf Baustellen eingesetzt – dort, wo teilweise unter extremen Offroad-Bedingungen gearbeitet wird und die Fahrwerke unebene, matschige und steinige Untergründe bewältigen müssen. Ein Highlight ist definitiv unsere elektrohydraulisches Hilfslenksystem Active Reverse Control, das mit Nachlauflenkachsen kombiniert wird. Der Nachlauf der Lenkachse funktioniert in Vorwärtsfahrt wie bei einem Einkaufswagen oder Drehstuhl. Bei Rückwärtsfahrt wird die Lenkfunktion der Nachlauflenkachse mittels Lenksperre verhindert. Die Active Reverse Control sorgt dafür, dass die Lenkachse auch bei der Rückwärtsfahrt autark einschlägt und das Fahrzeug gut zu manövrieren und zu rangieren ist. Das ist bei Spezialfahrzeugen enorm wichtig, denn sie haben trotz Überlänge und Überbreite in der Regel nur sehr wenig Platz zum Rangieren, obwohl sie extrem große, schwere und sperrige Güter transportieren. Außerdem zeigen wir unser Reifendruckregelsystem AirSave, das den Reifenluftdruck im optimalen Bereich hält, denn Fahrzeuge, die mit einem unzureichenden Reifenluftdruck fahren, verbrauchen wesentlich mehr Kraftstoff und es kann sogar zu Reifenplatzern kommen. Ich mache die Vorteile von AirSave gerne am Beispiel eines Zehn- bis Zwölf-Tonnen-Vierachs-Tiefladersattelaufliegers deutlich, der mit Zwillingsbereifung und durchschnittlich zehn Prozent Druckabweichung jährlich rund 80.000 Kilometer fährt. Bei dieser Fahrleistung spart AirSave rund 350 Liter Kraftstoff. Rechnet man den geringeren Reifenverschleiß mit ein, kommen Spediteure bei einem momentanen Dieselpreis von 2 Euro je Liter auf eine jährliche Ersparnis von rund 1750 Euro pro Fahrzeug. Bei normalen starren Achsen ist es vergleichsweise einfacher, ein solches System zu installieren, aber wir sprechen hier über Spezialachsen, die einlenken können oder wie Achsstummel keinen durchgehenden Achskörper haben. Das ist schon ein bisschen kniffliger, aber unser AirSave deckt all diese Anforderungen ab.

ABZ: Was ist denn für das kommende Jahr 2023 geplant? Bezogen auf Produktneuheiten oder Veränderungen im Betrieb.

Lindner: 2023 führen wir im Bereich der Zehn- bis Zwölf-Tonnen-Achsen eine neue ECO Plus Wheelend-Generation ein, mit der die Wartung und Ersatzteilhaltung noch einmal vereinfacht wird. Mit der gestuften Lagerung lassen sich die Naben bei der Wartung einfach abziehen. Durch eine innovative Zentralverschraubung mit integrierter Drehmomentbegrenzung wird das Lagerspiel automatisch eingestellt. Darüber hinaus beschäftigen wir uns damit, wie insbesondere Tieflader noch wendiger werden können. Mehr kann ich zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht verraten – aber nicht umsonst rufen wir auf der Bauma unter dem Motto "Challenge us" dazu auf, uns vor neue Herausforderungen zu stellen. Denn vom Achsentyp über Bremsen bis zu Federungssystemen ermöglichen wir eine enorme Individualität im Fahrzeugbau, um Tieflader noch vielseitiger, leistungsfähiger und wirtschaftlicher zu machen. Gemeinsam mit den Fahrzeugherstellern und Fahrzeugbetreibern setzen wir uns immer neue Ziele.

ABZ: Wenn Sie die bauma organisieren würden, was würden Sie bei der Messe hinzufügen, verändern oder weglassen?

Lindner: Die bauma mit ihren hochspezialisierten Schwertransportfahrzeugen gehört für mich zu den aufregendsten Messen der Branche. Viele der Exponate, die auf der Messe gezeigt werden, bekommt der Laie ansonsten nie zu sehen. Die Messe verleiht diesen besonderen Fahrzeugen und ihren Transportaufgaben eine hohe Sichtbarkeit – vor allem über die Grenzen der Branche hinaus. Die bauma hat sich dahingehend sehr gut positioniert, das finde ich klasse. BPW ist im Freigelände Nord an Stand 827/9 außerdem sehr gut positioniert, aber auch ohne unseren Messestand zu besuchen, begegnen die Besucher unseren Lösungen auf Schritt und Tritt, denn das Spektrum unseres Geschäftsbereichs Customised Solutions reicht von Lösungen für kompakte kommunale Gartenbau-Transporter über die Schwerindustrie bis zum Bergbau- und Minensektor – achten Sie bei Ihrem Rundgang einfach auf das BPW Zeichen auf den Radkapseln.