Intelligente Gabelstapler
Mehr Sicherheit im Werksverkehr etablieren
Brake (ABZ). – Beim Automobilzulieferer Rehau Automotive werden im Werk Brake an der Unterweser Produktion und Versand vor allem mit Gabelstaplern versorgt.

Bei 6000 Fahraufträgen pro Tag, nur für den innerbetrieblichen Transport, erleichtern automatisierte Safety-Assist-Funktionen aus dem Hause Still die Arbeit. Foto: Still
Angesichts der großen Artikelanzahl musste, ausgelöst durch immer komplexere und dynamischere Prozesse in der Produktion, schließlich auch das gesamte Sicherheitssystem für den innerbetrieblichen Transport reorganisiert werden. Zusammen mit dem Hamburger Intralogistikexperten Still wurde kürzlich für den Werksverkehr ein richtungsweisendes Sicherheitssystem implementiert.
Basierend auf intelligenten Fahrerassistenzsystemen, KI-gestützten Kameras und optischen Warnschildern, die bei Gefahr mittels Projektion Fußgänger aktiv warnen, soll das optimierte Sicherheitssystem zukünftig an anderen Produktionsstandorten zum Maßstab werden.
1964 wurde das Rehau-Werk in Brake mit 15 Mitarbeitenden auf 2750 m² gegründet. Zuerst mit der Herstellung von Rohrsystemen, spezialisierte sich Rehau Automotive auf Spritzguss, Lackierung und Konfektion von polymeren Systemen für Karosserie-Anbauteile von Pkw namhafter Hersteller der Automobilindustrie. Matthias Blum, Supervisor Production Logistics, erläutert: "Täglich sind es rund 180 Lkw, die im Wareneingang eintreffen und im Versand unsere Stoßfängersysteme und Außenanbauteile ausliefern. Dafür werden pro Tag nur für den innerbetrieblichen Transport bis zu 6000 Fahraufträge ausgelöst, die mit 91 Flurförderzeugen der Elektrostaplerflotte von Still abgearbeitet werden." Durch das stetige Wachstum ist das Rehau-Werk heute Arbeitgeber für mehr als 1000 Mitarbeitende auf 80.000 m² Hallen- und rund 234.000 m² Freifläche.
Komplexere Arbeitsabläufe
Im Lauf der Jahre wurden durch das große Produktsortiment auch die Arbeitsabläufe in der Produktionslogistik immer komplexer. Damit verbunden gefährdeten fehlerhafte Prozesse bei der Produktionsversorgung die Sicherheit im Werksverkehr. "Für höchste Sicherheitsstandards haben wir schließlich mit der großen Erfahrung und Lösungskompetenz des Intralogistikexperten Still unser Transportwesen neu organisiert", erläutert Blum.
Michael Dänekas, Regionaler Servicemanager Safety & Energy Solutions von Still, ergänzt: "Um das Unfall- und Verletzungsrisiko auf ein Minimum zu reduzieren, unterstützen unsere Safety-Assist-Funktionen die Staplerfahrer durch ausgeklügelte Warnsysteme und automatisierte Eingreifprozesse. Unsere Fahrerassistenzsysteme sind smarte Helfer für den Alltag im Lager und innerbetrieblichen Transport. Durch automatisierte Prozesse, ergonomisches und ermüdungsfreies Arbeiten erhöhen sie die Sicherheit wesentlich."

Fährt ein Stapler in den Zoning-Bereich eines Tors, übermittelt das System alle Informationen für die Aktivierung der vordefinierten Sicherheitsfunktionen an Safe Move. Foto: Still
Heute senkt das optimierte Sicherheitssystem für das Transportwesen das Unfallrisiko im Werksverkehr nahezu auf null, heißt es seitens der Verantwortlichen. Durch die funkbasierten Zonen-Erkennungsfunktionen passieren an Hallentoren so gut wie keine Anfahrschäden mehr. Auch die begrenzten Geschwindigkeiten der Fahrzeuge senken das Unfallrisiko. An schwer einzusehenden Kreuzungen schützen auf den Boden projizierte Stop-Schilder die Passanten vor einem sich nähernden Fahrzeug. Ferner warnen KI-Kamerasysteme zur Personenerkennung den Fahrer bei Gefahr sowohl visuell als auch akustisch mehrstufig und verlangsamen das Fahrzeug bis hin zum Halt.
Zonen-Erkennung für Hallentore
Im Werk Brake wurden die Hallentore per Bewegungsmelder gesteuert. "Durch das erhöhte Verkehrsaufkommen kamen ab und zu Fahrzeuge inmitten des Torbereichs zum Stehen. So kam es auch zu Unfällen und Anfahrschäden an den Hallentoren", sagt Blum. "Die wesentlichste Anforderung für das neue Sicherheitssystem mit der funkbasierten Zonenerkennung war also, durch eine Geschwindigkeitsreduzierung das Unfallrisiko an der Gebäudeinfrastruktur auf ein Minimum zu reduzieren und den Fußgängerverkehr zu schützen."
Gemeinsam mit dem Still-Team haben die Verantwortlichen vor Ort die Zonenbereiche der Tore, Fahrgeschwindigkeiten und Hubmasthöhen der Stapler analysiert und die erhobenen Daten im Safety-Assist parametrisiert. Des Weiteren wurden 36 Fahrzeuge der Staplerflotte mit Funkantennen vorgerüstet sowie an das Fahrerinterface mit der Fahrzeugsteuerung angeschlossen. An 26 Hallentoren wurden entsprechende Empfangssensoren für den Datenfunk stationär montiert.
Fährt nun ein Fahrzeug in den Gefahrenbereich eines Hallentors, übermittelt es per Funk an beide Tormodule, die in einem bestimmten Abstand parallel zur Fahrbahn montiert sind, alle Informationen für die Aktivierung der vordefinierten Sicherheitsfunktionen, wie die Reduzierung der Fahrgeschwindigkeit und das Einschalten der Warnleuchten für die Fußgänger. Der Zoning-Assist verwaltet die Leistung des Staplers in Echtzeit. Mittels der ständigen Triangulationsmessung per Funk, also der Winkelmessung im Dreieck zwischen Stapler, Tormodul-1 und Tormodul-2, wird das Hallentor zum richtigen Zeitpunkt geöffnet und bleibt nun auch so lange offen bis das Fahrzeug die Gefahrenzone hinter dem Tor wieder verlässt.
Zusätzliche Sicherheit bietet die Freigabe der maximalen Endgeschwindigkeit erst nach erneuter Betätigung des Fahrpedals. "Mit der funkbasierten Zonen-Erkennung von Still haben wir nun eine zuverlässige Gate-Lösung und einen automatisierten und sicheren Prozess auch für Fahrer, die mit zu hoher Geschwindigkeit sich den Toren nähern. So gibt es heute nahezu keine Anfahrschäden an den Hallentoren", betont Blum.
Kostengünstige Funktechnologie
Mittels Sender und Empfänger nutzt das System die digitale Funktechnologie für den Nahbereich, den Ultra-Breitband-Bereich (UWB), der in industrieller Umgebung eine geringe Störanfälligkeit zeigt. Beim UWB-Funk werden mit hohen Frequenzen räumliche und gerichtete Daten erzeugt, mit denen sich Objekte bis zu zehn Zentimeter genau orten lassen.
"Wegen des präzisen und stabilen UWB-Funksignals genügt auch nur noch eine aktive Antenne auf jeweils einem Staplerdach. Des Weiteren werden sowohl die Hallentore als auch die Lichttechnik der Projektoren mit gleichem Funksignal angesteuert. Die Vorteile liegen auf der Hand: Die Anschaffungskosten für den UWB-Funk sind im Vergleich zu anderen Technologien geringer. Ferner muss nur einmal in die Werksinfrastruktur investiert werden", erläutert Dänekas. So lässt sich bei Veränderungen der baulichen Gegebenheiten die funkbasierte Zonenerkennung von Still flexibel und schnell anpassen. Falls sich zum Beispiel ein Gefahrenpunkt im Werksverkehr ändert, kann man den Projektor für die Lichttechnik mit dem integrierten Funkmodul schnell und flexibel ummontieren. Bei der Auftragsvergabe seien die Vorteile der Zoning-Technologie entscheidende Kriterien gewesen, betont der Still-Projektleiter.

Die KI-Rückraumkamera hat die Person erfasst. Visuell wird der Fahrer durch den Rahmen gewarnt. Zudem herrscht im Warnbereich ein dauerhafter Alarmton. Die optionale Stop-Funktion verringert das Unfallrisiko deutlich. Foto: Still
Mit den Geschwindigkeitsparametern der Zonenerkennung lassen sich auch die maximalen Fahrgeschwindigkeiten in den Hallen und im Freigelände begrenzen. "Das senkt das Unfallrisiko erheblich. Wegen des hohen Fußgängeraufkommens in den Hallen war die Anforderung ohne Reduktion der Produktivität und zusätzliches Personal, die maximale Staplergeschwindigkeit auf 10 km/h zu begrenzen", sagt Blum. "Im Freigelände hingegen haben wir wegen der langen Transportstrecken mit geringerem Fußgängeraufkommen das Tempolimit bei 16 km/h festgelegt." Mit der Anzeige- und Bedieneinheit Still Easy Control werden alle Sicherheits- und Leistungsfunktionen überwacht. Durch eine im Cockpit zusätzlich installierte LED, die bei Aktivierung deutlich sichtbar rot leuchtet, wird die begrenzte Geschwindigkeit visuell hervorgehoben. Der Fahrer hat somit alle Informationen jederzeit im Blick und kann die Performance-Funktionen des Fahrzeugs einsatzabhängig aktivieren, also auch die Fahrgeschwindigkeit mit den Begrenzungen, die Beschleunigung und das Hubverhalten.
Unfallrisiko deutlich verringert
Das neue KI-gestützte Still-Kamerasystem erkennt in Echtzeit Personen und personenähnliche Objekte. Durch den integrierten KI-Prozessor sei keine zusätzliche Hardware zur Personenerkennung nötig. Die Kamera kann nicht nur am Heck des Fahrzeugs, sondern auch an Front und Seiten des Gabelstaplers angebracht werden, an denen potenzielle Gefahrenstellen im Arbeitsablauf auftreten können. Selbst unter extremen Bedingungen von 40 °C bis 85 °C funktioniere die Kamera reibungslos. Zudem lasse sich das System auf mehrere Kameras erweitern. Bei der Rückraumüberwachung wird eine Kamera am Heck des Fahrzeugs montiert, zum Beispiel am Heckgewicht oder dem Fahrerschutzdach. Damit der Fahrer Personen und Gegenstände hinter dem Fahrzeug rechtzeitig erkennt, wird diese Kamera bei einer Rückwärtsfahrt automatisch aktiviert. Thomas Köhle, Plant Director Werk Brake, ist vom neuen Sicherheitssystem für das Transportwesen überzeugt: "Mit Fahrzeugen höchsten Sicherheitsstandards wirken wir den stetig wachsenden Gefahren in der Lagerarbeit und im innerbetrieblichen Transport entschieden entgegen. Jeden Euro, den wir in präventive Vorkehrungen stecken, bringt im Schnitt mindestens den doppelten Mehrwert. Zudem verbessert sich das Image für unser Werk in Brake sowohl bei den eigenen Mitarbeitern als auch bei unseren Auftraggebern."
Mithilfe stationär und mobil installierter Sicherheitsbeleuchtung lassen sich Personenschäden und Kollisionen in viel befahrenen Arbeitsbereichen reduzieren. So sind im Werk diverse LED-Projektoren für Safety-Lighting-Systeme an Fahr- und Fußwegen installiert, die schlagartig und deutlich sichtbar Bodenmarkierungen für Passanten bei herannahenden Staplern projizieren. Ändern sich die Gegebenheiten im Werksverkehr, so lassen sich die Projektoren und Empfangsmodule für den Datenfunk flexibel an neuen Gefahrpunkten montieren. Eine Ergänzung für das Safety-Lighting-System ist das am Stapler zusätzlich installierte Warnzonenlicht Plus von Still, das beim Einschalten des Fahrzeugs zwei Leuchtstreifen links und rechts vom Stapler und einen Halbkreis am Heck projiziert. In nächster Umgebung des Fahrzeugs projiziert, fungiert es als visuelle Warnung für Fußgänger und andere Fahrer.