Digitalisierung und Vernetzung

Prozessoptimierung erobert Straßen- und Tiefbau

Am Rande des Harzes bei Wernigerode Wolff & Müller mit zwei InLine Pave Zügen und fünf Mischanlagen ein. BPO überzeugte auf ganzer Linie.Fotos: Volz Consulting

Pforzheim (ABZ). – Die Digitalisierung hält Einzug innerhalb der Baubranche. Im Hochbau werden Potentiale zunehmend durch Building Information Modeling (BIM) ausgeschöpft, indem die Bauausführung gezielt durch Softwarelösungen unterstützt wird. Auch im Bereich des Straßenbaus werden zunehmend Potentiale durch Digitalisierung und Vernetzung offen gelegt. Zu den Pionieren auf dem Gebiet der Prozessoptimierung zählt das 2011 gegründete Beratungsunternehmen Volz Consulting, das mit BauProzessOptimierung (BPO) eine unabhängige Prozesslösung anbietet.

Mit BPO arbeiten nach Aussage von Volz Consulting bereits mehr als 20 Lizenznehmer in sechs Ländern. Die BPO Lizenznehmer brächten es in Summe auf etwa 10 Mio. t Asphalt pro Jahr, was etwa 25 % der jährlich in Deutschland hergestellten Menge Asphalt entspreche. Bereits 2014 entschied sich Wolff & Müller die Prozesse im Infrastrukturbau grundlegend zu überarbeiten, um sich im Wettbewerb künftig besser behaupten zu können. Man entschied sich frühzeitig für die Prozesslösung des Pforzheimer Beratungsunternehmen Volz Consulting.

Mit BPO kann die Arbeitsvorbereitung einfacher, schneller und besser durchgeführt werden, heißt es in einer Mitteilung von Volz Consulting. Während der Bauausführung werden die Prozessbeteiligten vernetzt, wodurch ein Soll-Ist-Vergleich in Echtzeit entsteht. Abweichungen können direkt erkannt und Handlungsalternativen eingeleitet werden. Nach der Bauausführung stehen Auswertungen und Analysen zur Verfügung. Am 26. Mai bahnte sich die Sonne am Rande des Harzes bei Wernigerode den Weg durch die Nebelfelder Sachsen-Anhalts. Die ländliche Idylle der Region konnte jedoch nur schwer verbergen, dass in diesen Tagen mehr als 15 000 t Asphalt auf der B6n eingebaut werden sollten. Das Warmlaufen der Maschinen verriet, dass es schon in wenigen Minuten losgehen sollte. Punkt 7.00 Uhr kippte der erste Lkw mit Bindermaterial beladen in den Beschicker des InLine Pave. Doch etwas sollte anders sein als sonst: Der Asphalt sollte innerhalb von vier Tagen nicht nur heiß auf heiß, sondern auch heiß an heiß mit einem zweiten, parallel fahrenden InLine Pave eingebaut werden.

Trotz der angelaufenen Logistikkette von mehr als 50 Lkw und fünf Mischanlagen blieb Thomas Mazureck, Einbaumeister bei Wolff & Müller, ruhig und gelassen. In einer Hand hielt er einen Tablet-PC, der alle wichtigen Informationen in Echtzeit bereitstellte: "Mit BPO wird der gesamten Einbauprozess in Echtzeit transparent gemacht. Die Lkw im Zulauf zur Baustelle werden mit ihrer voraussichtlichen Ankunftszeit dargestellt und die eingebaute Tonnage automatisch bilanziert. Der Materialverbrauch wird berechnet die Restmenge bestimmt, die auf die jeweiligen Mischanlagen verteilt werden kann." Die Einbauleistung betrug mehr als 400 t/h, die Entfernung zu den Mischanlagen z. B. mehr als 60 km mitten durch den Harz. Während die Organisation der Logistikkette nach dem Just-in-Time Prinzip bei diesen Randbedingungen schon bei einer konventionellen Baumaßnahme zu einer Herausforderung wird, wird bei Kompaktasphalt Binder- und Deckschicht gleichzeitig eingebaut. Die Belieferung der Baustelle musste zusätzlich Just-in-Sequence auf die Materialerfordernisse abgestimmt werden. Das bedeutete, dass nach vier Lkw mit Bindermaterial ein Lkw mit Deckenmaterial eingebaut werden musste. Die Lieferkette der mehr als 50 Lkw und den bis zu fünf Mischanlagen wurde durch die Bauleitung im speziellen Kompaktasphaltmodul von BPO erfasst. Jan Günther, Bauleiter bei Wolff & Müller, konnte alle Bauabschnitte vor Ort im Baubüro planen. Der Planungsaufwand wird durch BPO deutlich reduziert.

Jan Günther (l.), Bauleiter bei Wolff & Müller, und Thomas Mazureck (r.), Polier bei Wolff & Müller, verwendeten BPO auf der B6n bei 2 InlLine Pave heiß-auf-heiß und heiß-an-heiß.

Selbst kurzfristige Planänderungen können einfach und unkompliziert erfasst werden. Telefonate, Faxe und Mails können reduziert werden. Eine einfache Bedienoberfläche unterstützt zusätzlich die intuitive Nutzung des Systems. Jan Günther ist begeistert: "Durch die einfache Menüführung kommt man mit BPO schnell zu Recht. Durch das Kompaktasphaltmodul, wird die Erstellung von Einbau- und Logistikkonzepten gerade für komplexe Baumaßnahmen kinderleicht. Notwendig ist nur ein Laptop oder ein Tablet-PC."

Die zeitliche Taktung der Lkw wurde Just-in-Sequence geplant. Dadurch war für alle Lkw Fahrer ersichtlich, zu welcher Zeit sie Be- und Entladen müssen. Diese Vorgabewerte konnten während der Bauausführung in Echtzeit abgeglichen und Abweichungen sofort erkannt werden. Damit blieb die Bauleitung immer informiert, wie viele Tonnen bereits eingebaut waren, welche Mengen sich gerade im Transport befanden und wann die Baustelle voraussichtlich mit dem Einbau fertig werden sollte. Auch bei mehreren Projekten gleichzeitig bleibt der Bauleiter mit BPO durch das Baustellenmanagement-Cockpit über den Baufortschritt aller Projekte informiert. Die Inbetriebnahme von BPO war ebenso einfach wie die Planung. Spezialhardware ist nicht notwendig. Ein Smartphone oder Tablet-PC genügt. Eine kurze Einweisung auf der Baustelle vor Ort reichte aus, denn die Benutzeroberfläche von BPO ist an die Anforderungen von Einbaumeistern angepasst.

Thomas Mazureck war durch BPO in der Lage mit allen Mischanlagen zu kommunizieren und steuernd einzugreifen. "Mit BPO kann ich den Einbau besser koordinieren." Aber auch im Baubüro schafft BPO Transparenz. Alle wichtigen Kennzahlen sind auf einen Blick verfügbar – mobil auch auf dem Smartphone. So konnten alle Beteiligten direkt vor Ort erkennen, welche Restmengen noch gemischt und eingebaut werden mussten. In den Informationsfluss lassen sich auch Lkw-Fahrer integrieren. So können Lkw über die Android App BPO Live in die Kommunikation zwischen Mischanlage und Baustelle aktiv einbezogen werden. Zu vielen Speditionen bestehen bereits Schnittstellen sodass die GPSPositionsdaten der Lkw auch automatisch und ohne zusätzliche Hardware und ohne zusätzliche Kosten bestimmt und in BPO angezeigt werden kann.

Die Ist-Daten der Bauausführung werden dokumentiert, archiviert und stehen in der Analysephase zur Verfügung, um einen Kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP) zu ermöglichen. Nach der Bauausführung lassen sich bspw. automatisierte Berichte generieren oder die Wartezeiten der Lkw sowie Verspätungen auswerten. Ursachen für Verzögerungen lassen sich einfach identifizieren und ermöglichen eine Optimierung der bestehenden Prozesskette. Insgesamt bietet BPO völlig neue Möglichkeiten für den Straßen- und Tiefbau auf dem Weg zur Digitalen Baustelle. Michael Weber, technischer Geschäftsführer von Wolff & Müller im Tief- und Straßenbau, fasst es treffen zusammen: "In der Optimierung von Prozessen sehen wir einen Wettbewerbsvorteil. BPO ist ein wichtiger Schritt in Richtung Digitale Baustelle."

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