Frischer Grip zum 90-jährigen Bestehen

Rennstrecke "Sachsenring" im Erzgebirge saniert

Der BigSki ist dank der variablen Länge von 6,5 bis 13 m und einem großen Höhenmessbereich von 250 bis 600 mm sehr flexibel einsetzbar. Beim äußeren Fertiger wurde der Sensorträger am Bohlenholm angebracht. So diente die frisch eingebaute Oberfläche hinter der Bohle als Teil der Referenz.Fotos: Wirtgen

Windhagen (ABZ). – Wirtgen Fräsen, Vögele Fertiger und eine Benninghoven Mischanlage sanieren den legendären Sachsenring, damit die Rennstrecke im Erzgebirge auch in den kommenden Jahren die Auflagen der FIM (Fédération de Motocyclisme International) erfüllt. Im Zuge dieser Maßnahmen wurden Deck- und Binderschicht erneuert. Diesen anspruchsvollen Job übernahmen Maschinen und Anlagen der Wirtgen Group. Während Wirtgen-Kaltfräsen durch präzises Fräsen die profilgerechte, ebene Basis schufen, sorgten eine Mischanlage von Benninghoven sowie Einbautechnologien von Vögele für eine hohe Mischgut- und Einbau-Qualität. Wo jede Tausendstelsekunde zählt, geht es auch um jeden Millimeter: Die Erneuerung der Fahrbahn des Sachsenrings nutzte der Auftraggeber zu einer Neuprofilierung. In ausgewählten Kurven sollte die Geometrie des Tracks verändert werden, eine Aufgabe wie geschaffen für die Wirtgen Großfräsen W 200 und W 220.Höchste Präzision war beim Fräsen gefragt, denn Kaltfräsen haben einen wesentlichen Einfluss auf die Qualität von Straßensanierungsarbeiten. Das gilt umso mehr für die Sanierung von Rennstrecken, denn die Anforderungen bei deren Sanierung übertreffen die des normalen Straßenbaus bei Weitem. Das bestehende Asphaltpaket musste zumeist auf 8 cm gefräst werden. Für die Neuprofilierung mehrerer Kurven war die Nivellierung per 3D ausgeschrieben worden. Das vom Auftraggeber im Vorfeld erstellte digitale Geländemodell nutzte der Fräsdienstleister, um die Kaltfräsen via Schnittstelle mit den aufbereiteten Daten für die Nivellierung zu füttern. "Damit entfällt das Abtasten von Referenzwerten am Boden. Stattdessen erhalten die Maschinen ihre Informationen zur Frästiefe über eine Totalstation, die neben der Fräsfläche aufgebaut wird. Sie verfolgt die Kaltfräse mit einer Reichweite von bis zu 100 m automatisch", erklärt Gerald Kluge, Bereichsleiter Fräsen bei SAT. Damit die Maschine beim 3D-Fräsen kontinuierlich ein Referenzsignal erhält, muss die Totalstation etwa alle 100 m umgesetzt und an der neuen Position wieder eingemessen werden. So kamen am Sachsenring zwei Totalstationen zum Einsatz, die abwechselnd als Signalgeber für die Fräse dienten.

Ein enger Terminplan erforderte die möglichst schnelle Erneuerung. Hier überzeugten die beiden Wirtgen Hochleistungsfräsen W 200 und W 220 nicht nur in puncto Fräsleistung, sondern auch mit Funktionen wie der automatischen Maschinenausrichtung mit PTS (Parallel To Surface). Bei der parallelen Ausrichtung der Großfräse zur Fahrbahnoberfläche übernimmt die Automatikfunktion alle Vorgänge, die der Fahrer sonst einzeln anwählen müsste. Lästiges Nachkorrigieren entfällt. Nicht zu vergessen das Wirtgen-Nivelliersystem Level Pro, das durch die präzise Verarbeitung der digitalen Daten für die ebene Fräsfläche sorgte. "Am Ende konnte der Asphalt auf dem gesamten Track mit nur zwei Fräsen in kürzester Zeit extrem effizient und exakt abgetragen werden", so Uwe Walter, Geschäftsführer der Niederlassung der Wirtgen Group in Zwickau, die das Projekt unterstützend begleitete.

In Kombination mit dem 3D-Nivelliersystem erfüllten die Wirtgen-Großfräsen die extrem hohen Ebenheitsanforderungen von unter 6 mm, gemessen auf 4 m Breite. Außerdem durfte die Höhenlage der Fräsfläche an keiner Stelle mehr als 8 mm von den Vorgaben des digitalen Geländemodells abweichen. Aber auch diese Anforderung wurde erfüllt, wie Kontrollmessungen beim Fräsen und die Überprüfung mit dem Planografen zeigten. So trugen die beiden Großfräsen die Deck- und Binderschicht auf der gesamten Rennstrecke mit etwas mehr als 50000m² Fläche in nur vier Tagen ab. Der Maschinenvorschub betrug dabei im Mittel 7 m/min. Bestückt waren die Kaltfräsen mit einer Fräswalze mit Linienabstand LA8 – auch das eine Vorgabe des Auftraggebers, um für eine optimale Verzahnung der neuen Asphaltbinderschicht mit der Fräsfläche zu sorgen.

Nach der präzisen Vorarbeit der Wirtgen-Fräsen übernahmen die Asphaltfertiger von Vögele. Wie das Fräsen war auch der Asphalteinbau aufs Gründlichste vorbereitet: Per Einbauplan wurden im Vorfeld für die gesamte Strecke die Einbaubreiten und die genaue Spur der einzelnen Fertiger festgelegt. Das komplette, 3,7km lange Asphaltband sollte keine Längsnähte und möglichst wenig Tagesabschlüsse haben. Deshalb musste der Verbund der Fertiger auf den Geraden eine Mindestgeschwindigkeit von 3 m/ min erreichen. Tatsächlich waren die drei Fertiger noch ein bisschen flotter unterwegs: Mit einer Einbaubreite von ca. 5 m und einem Vorschub von durchschnittlich 4m/ min bauten sie knapp 2500 t Asphalt in 16 Stunden ein.

Hintergrund der o. g. Forderungen ist das Bestreben, auf der gesamten Rennstrecke eine möglichst ebene Asphaltdecke mit einer homogenen Konsistenz und Beschaffenheit zu erzeugen. U. a. gab es die Vorgabe, dass der Verdichtungsgrad unmittelbar hinter den Fertigern zwischen der linken und rechten Seite der Einbaubahn um nicht mehr als 2 % variieren darf. Keine einfache Aufgabe bei einer 14 m breiten, stark verwundenen Strecke und Aufweitungen auf bis zu 20m. Um Schwankungen durch unterschiedliche Geräte zu vermeiden, war außerdem der Einsatz identischer Fertiger und Bohlen gefordert. Auftragnehmer Strabag entschied sich für Vögele Maschinen vom Typ Super 1900-2 mit Ausziehbohlen AB 500 TP1.

Auch im Bereich der Steigungen von bis zu 10 % konnten die Vögele Fertiger die vorgegebene Mindestgeschwindigkeit problemlos einhalten.

Um die Geräte optimal einzustellen, sind bei einem solchen Projekt zwei Dinge wesentlich: der Bau eines Probefelds und die korrekte Parametrierung der Bohlen. "Nur wenn alle Bohlen aufeinander abgestimmt sind, können wir Bahnen ohne Höhenversatz mit demselben Walzmaß heiß an heiß einbauen", erklärt Rennstreckenspezialist Dr. Rainer Hart, der die Arbeiten begleitete. Vor dem eigentlichen Einbau wurde deshalb ein 12 x 40 m großes Probefeld asphaltiert.

"Bei diesem Testeinbau kümmern wir uns um die Feinabstimmung der Mischanlage und der Fertiger unter den vor Ort tatsächlich herrschenden Bedingungen. Nur so können wir auf dem eigentlichen Track vom ersten Meter an einen perfekten Asphalt in max. Qualität einbauen", sagt Horst Henninghausen. Er muss es wissen, denn er hat in den vergangenen Jahren u. a. beim Bau von mehr als zehn Formel-1-Strecken als Polier mitgearbeitet und am Sachsenring sein Know-how bei der Bauüberwachung eingebracht.

Um eine optimale Vorverdichtung zu erzielen, waren alle drei Fertiger mit einer Hochverdichtungsbohle ausgestattet. In den Bohlen ist der Tamper eine der entscheidenden Komponenten für die optimale Vorverdichtung. "Mit der geeigneten Einstellung von Tamperhub und -drehzahl verarbeitete das Gesamtsystem Fertiger/ Bohle das Einbaumaterial optimal", weiß Michael Hahmann, Gruppenleiter bei Strabag im Bereich Zwickau.

Neben der Vorverdichtung hatten Michael Hahmann und sein Team auch die Ebenheit ständig im Fokus. Die Forderung für die Deckschicht: Die Sollhöhe durfte max. 3 mm vom digitalen Geländemodell abweichen. Darüber hinaus war eine Ebenheit von 3 mm, gemessen an der 4-m-Latte, gefordert. Um dies zu realisieren, verwendeten die beiden äußeren Fertiger für die Nivellierung beidseitig den Big Multiplex Ski. Der mittlere Fertiger tastete die optimal nivellierte, frisch eingebaute Asphaltdecke ab. Auch hier zahlt sich das Know-how der Spezialisten aus, denn insbesondere in den engen Kurven auf der Rennstrecke trägt die richtige Einstellung der Sensoren am Big Ski entscheidend zur erzielten Ebenheit bei.

Eine andere Forderung der Ausschreibung war die Durchsicht der Fertiger in der Fachwerkstatt unmittelbar vor Beginn der Arbeiten. Diesen Job übernahm die Wirtgen Group Vertriebs- und Servicegesellschaft Wirtgen Zwickau, die sich nur wenige Kilometer vom Sachsenring entfernt befindet. "Die gründliche Inspektion und Wartung von Maschinen gehört ebenso wie die Reparatur und Instandsetzung zum Angebot unserer Werkstätten", erklärt Uwe Walter. "Dabei legen wir Wert auf eine schnelle Erledigung, so dass die Maschinen möglichst schnell wieder beim Kunden verfügbar sind." Und offenbar hat das Zwickauer Team gute Arbeit geleistet: "Die Fertiger haben einen tollen Job gemacht", resümierte Gruppenleiter Hahmann nach Ende der Einbauarbeiten.

Dass der Einbau reibungslos lief, lag auch an der Mischgutbelieferung, die auf die Minute genau getaktet war: Von der Benninghoven Mischanlage TBA 3000 am Standort Zwickau wurden pro Tag rd. 1300 t mit 15 Lkw bei einer Rundenzeit von knapp 2 Std. an die Rennstrecke geliefert. Dadurch konnte der Auftraggeber gemeinsam mit dem Anlagenbetreiber Deutsche Asphalt die Fertiger jeweils 16 Std. lang kontinuierlich beschicken. Dabei wurde vor allem auf die Mischgutqualität geachtet. So sollte die Mischanlage für die Deckschichtherstellung mindestens vier Siebböden aufweisen. Außerdem sollten mindestens fünf Heißsilos mit Überwachung von Füllstand und Temperatur sowie einem Überlauf vorhanden sein, um die Reinheit der Fraktionen sicherzustellen. Bei einem gründlichen Check der TBA 3000 vor Beginn der Arbeiten sagte Rennstrecken-Spezialist Dr. Rainer Hart: "Die Benninghoven-Anlage in Zwickau ist mit sechs Sieben hervorragend ausgerüstet. Auch sonst ist hier alles vorhanden, was wir für unseren Hochleistungsasphalt brauchen." Er muss es wissen, denn er hat die Rezeptur entwickelt.

Bei der Feinabstimmung lobte der weltweit renommierte Experte die hohe Präzision der Anlage: "Die Chargenmischprotokolle zeigen, dass die Schwankungen weit unterhalb der Toleranzen liegen." Besonders beim Rennstreckenbau ist die konstante Qualität relevant, denn hier sind die Spielräume deutlich geringer als beim Bau öffentlicher Straßen. So durften z. B. die Gewichtsanteile der einzelnen Fraktionen in der Deckschicht höchstens 3 bis 1,5% von der Vorgabe abweichen.

Der Brenner der 2008 errichteten Anlage kann – wie in Deutschland üblich – als Brennstoffe Kohlestaub und Öl verarbeiten. "Dabei ist er äußerst Ressourcen schonend", weiß Betriebsleiter Heiko Reinwardt und ergänzt: "Benninghoven produziert die mit Abstand sparsamsten Brenner am Markt." Einmal jährlich beauftragt das Team der Deutsche Asphalt einen Servicetechniker von Benninghoven mit der Wartung. Und falls in der Zwischenzeit mal eine Frage auftaucht, "rufen wir einfach an. Benninghoven beantwortet die meisten Fragen schon aus der Ferne umfassend und kompetent."

Erst kürzlich hat Gero Kretzschmar, Fachmann für Betriebsmess-, Steuerungs- und Regelungstechnik und einer der Mischanlagen-Spezialisten von Wirtgen Zwickau, in der Anlage ein Drehkolbengebläse zur Förderung des Kohlenstaubs vom Silo zum Brenner eingebaut. Diese Spezialentwicklung von Benninghoven sorgt mit einer Zellenradschleuse für die stufenlose Zufuhr von Kohlestaub bei einem Förderdruck von mindestens 1 bar.

Zum sparsamen und zugleich komfortablen Betrieb tragen auch die elektrisch beheizten Bitumentanks bei. "Diese Form der Heizung ist kostengünstig und wir sparen uns das separate Ölhandling", freut sich das Team der Mischanlage.

Dank der punktgenauen Asphaltproduktion, einer gründliche Planung und der Premium-Maschinen der Wirtgen Group konnte das bauausführende Unternehmen die hohen Anforderungen an die Asphaltdecke in jeder Hinsicht erfüllen. Die Rennstreckenbetreiber, Rennfahrer und Motorsportfreunde dürfen sich schon auf die kommenden Rennen freuen.

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