Strategie des Baumaschinenkonzerns

Volvo CE will Mehrwert für Kunden schaffen

Unter dem Namen EMMA (Electric Machine Management Application) ermöglicht Volvo es seinen Kunden heute schon, den Ladezustand und den Standort ihrer Volvo-Elektromaschinen aus der Ferne zu überprüfen und Warnmeldungen zu erhalten – ganz gleich, wo sie sich gerade befinden. Es ist auf Smartphones, Tablets und Laptops verfügbar. Foto: Volvo CE

ABZ: Herr Slotte, Volvo CE ist einer der größten Hersteller von Baumaschinen weltweit. Welchen Anteil hat haben die Märkte in Deutschland und Europa mit Ihrem Gesamtgeschäft?

Slotte: Europa ist für uns wirklich wichtig und ein strategisch wichtiger Heimatmarkt – und damit meine ich Europa als Ganzes. Es sind nicht nur die nordischen Länder oder Schweden oder Deutschland, sondern eben der gesamte europäische Markt. Dort sind wir tatsächlich der größte Anbieter von Baumaschinen.

ABZ: Volvo wird nicht an der bauma 2022 teilnehmen. Ist der Konzern auf anderen Messen vertreten?

Slotte: Ja, international werden wir an einer Messe in Nordamerika teilnehmen und an mehreren lokaleren Messen in ganz Europa, in Deutschland beispielsweise an der kommenden GaLaBau. Dass wir dieses Jahr nicht zur bauma gehen, bedeutet also nicht, dass wir grundsätzlich an keinen Messen in Europa ausstellen werden, sondern dass wir regionaler vorgehen und an mehreren Orten vertreten sein werden – und nicht nur an einem.

ABZ: Die bauma ist die größte Messe Europas mit entsprechend vielen Teilnehmern. Wie wollen Sie neue Kundenkontakte generieren, wenn diese Plattform nicht genutzt wird?

 

Carl Slotte ist Leiter der Vertriebsregion Europa bei Volvo CE. Foto: Volvo CE

Slotte: Neue Kunden können im Grunde überall generiert werden, nicht nur auf einer Messe wie der bauma. Gemeinsam mit unseren Händlern nehmen wir an verschiedenen lokalen Events teil und nutzen zusätzlich auch digitale Tools, um mit unseren Kunden zu interagieren. Und dann bieten wir natürlich auch eigene Events wie die Volvo Days an, zu denen wir in vier Wochen bis zu 7000 Besucher in unserem schwedischen Kundenzentrum begrüßt haben. Das ist für uns auch eine wichtige Plattform, um mit Kunden exklusiv ins Gespräch zu kommen.

Die Entscheidung, die wir bezüglich der bauma in den Jahren nach 2022 verfahren werden, ist noch nicht getroffen. Wir werden die angesprochenen Möglichkeiten und Events ausprobieren und analysieren. Wie wir durch die Pandemie erfahren haben, gibt es Bedarf und auch die Bereitschaft unserer Kunden, digital über verschiedene Plattformen zu interagieren. Und das wollen wir ausprobieren und weiterentwickeln. Wir verstehen, dass einige Kunden das nicht wollen, aber wir glauben, dass es eine wachsende Nachfrage nach digitaler Interaktion gibt, insbesondere von jüngeren Auftragnehmern.

ABZ: Sie haben gerade die Pandemie erwähnt. Welchen Einfluss hatte die Pandemie auf das Geschäft von Volvo in Deutschland und Europa?

Slotte: Wir haben mehrere Lektionen gelernt. Die erste ist, dass wir glücklicherweise gute Beziehungen zu unseren Kunden haben. Was bedeutet, dass wir viele unserer Kunden schon lange und gut kennen – und umgekehrt ebenso. Wir haben viel über digitale Kanäle kommunizieren müssen und gelernt, dass der persönliche Kontakt dennoch nicht unterschätzt werden darf. Die Lektion für uns war also, dass die physische Interaktion in Zukunft weiter sehr wichtig sein wird.

Eine zweite Erkenntnis ist, dass wir die Geschwindigkeit der Digitalisierung nicht unterschätzen sollten. Es geht hierbei nicht nur um Teammeetings, sondern darum, Konnektivität zwischen Maschinen aufzubauen. Und zu sehen, welche Mehrwerte Kunden erhalten, die solche Lösungen nutzen. Diese ganze Dynamik und die Geschwindigkeit der Veränderung war eine Überraschung für uns. Wir glauben, dass die Digitalisierung für die Baubranche in Zukunft wirklich wichtig sein wird.

ABZ: Welchen Einfluss haben der Ukrainekrieg und Lieferkettenprobleme auf die Entwicklungen bei Volvo CE?

Slotte: Lieferkettenprobleme werden nicht nur durch den Krieg in der Ukraine getrieben. Die große Herausforderung für uns waren die Lieferketten, die mit China verbunden sind. Shanghai befand sich mehrere Wochen im Lockdown und das bedeutete, dass es weder von noch nach Shanghai einen Warenfluss gab. Sehr viele Schiffe konnten keine Waren bewegen. Und wir haben gelernt, wie anfällig die aktuellen globalen Lieferketten sind – und das hat uns viele Probleme bereitet.

ABZ: Können Sie das in Zahlen ausdrücken?

Slotte: Das geht kaum. Denn letztendlich ist ein Effekt, wie viele Tage Stillstand wir in Fabriken hatten oder haben, schlecht messbar. Aber sicher hatten wir in unseren Fabriken Störungen in den Betriebsabläufen und Tage des Stillstands. Die Auswirkungen sind groß.

ABZ: Ein Schwerpunkt der Volvo Days sind in diesem Jahr Baumaschinen mit elektrischen Antrieben. Das größte Modell von Volvo CE ist aktuell ein Bagger der 20-Tonnen-Klasse für den norwegischen Markt. Wann folgen größere Maschinen?

Slotte: Es wird einige Jahre dauern, bis wir da mehr anbieten können. Aber wir haben uns selbst dazu verpflichtet, bis 2030 ein umfangreiches Portfolio an Elektromaschinen aufzubauen. Und das bedeutet, dass die Anzahl der Maschinen, die wir bis 2030 auf den Markt bringen werden, beträchtlich sein wird.

ABZ: In welchen Ländern besteht die größte Nachfrage nach elektrisch angetriebenen Maschinen?

Slotte: Vor allem in Norwegen, weil dort Strom und Stromanschlüsse besser verfügbar sind. Und weil die Bereitschaft, in fossilfreie Lösungen zu investieren, sehr weit fortgeschritten ist. Dies wird auch durch Anreize der Regierung und durch regulatorische Maßnahmen unterstützt. Beispielsweise müssen Anforderungen an fossilfreie Lösungen in Ausschreibungen integriert sein. Der staatliche Ansatz in Norwegen ist also sehr attraktiv, und das treibt die Nachfrage auf dem Markt an. Überrascht hat uns auch die Nachfrage in Frankreich. Dort gibt es viele Aktivitäten zum Thema Nachhaltigkeit, ebenso in Schweden und in den Niederlanden. Für Deutschland würden wir uns wünschen, dass die Aktivitäten zunehmen.

ABZ: Präferiert Volvo auch Wasserstoff als "Antrieb" für größere Baumaschinen?

Slotte: Das ist Teil unserer internen Diskussionen. Wir glauben schon, dass nach neuen naturwissenschaftlichen Erkenntnissen Batterietechnologien noch deutlich verbessert werden können. Wasserstoff wird für uns auch eine Lösung auf den großen Produktionsmaschinen sein. Nicht unterschlagen werden sollten aber auch netzgekoppelte Lösungen, insbesondere bei stationären Baggern, die auf einer Baustelle und Gewinnungsbetrieben arbeiten. Es biete sich so aktuell drei Wege, die für uns sehr wichtig sind. Alle Wege bedeuten eine große technische Herausforderung. Aus diesem Grund freuen wir uns, dass wir mit batterieelektrischen Maschinen nun auch größere Modelle anbieten können.

ABZ: Die Bunderegierung will, dass Deutschland bis 2045 klimaneutral wird, das ist noch ein langer Weg. Was sind Ihre Ziele für den deutschen Markt?

Slotte: Deutschland ist als Marktplatz sehr, sehr wichtig. Ganz Europa ist für uns eine strategisch wichtige Region und Deutschland nimmt eine wichtige Stellung ein. Unser Ziel ist es, ein Hauptakteur auf dem deutschen Markt zu sein und zu bleiben. Je nach Marktsegment haben wir uns da verschiedene Ziele gesteckt. Ein Ziel ist es, der führende Akteur bei der Umstellung der Bauindustrie auf fossilfreie Lösungen zu sein. Und das nehmen wir sehr Ernst. Wir haben eine wirklich große Herausforderung angenommen und stehen voll dahinter. Volvo CE will weltweit führend sein, wenn es darum geht, die notwendige Transformation hin zu fossilfreien Lösungen voranzutreiben. Wir sehen schon, dass in vielen Ländern die Gesellschaft eine treibende Kraft ist, aber wir wissen von vielen großen Unternehmen, dass sie jetzt entsprechende Schritte für eine Neuausrichtung einleiten wollen. Das erfolgt nicht aus einer Laune heraus, die Unternehmen setzen wie Volvo CE auch auf wissenschaftliche Erkenntnisse, die zu fundierten Zielen führen. Viele große Unternehmen haben uns gebeten, sie auf ihrem Weg zur Nachhaltigkeit zu unterstützen.

ABZ: Sie nannten eben das Stichwort Digitalisierung und Mehrwerte für Kunden. Welchen Stellenwert nehmen digitale Dienstleistungen im Portfolio von Volvo CE ein?

Slotte: Wir wollen mit der Marke Volvo für unsere Kunden nicht nur mit einem Produkt einen Mehrwert schaffen, sondern auch mit Dienstleistungen. Services sind der Schlüssel dazu, und sie werden nach unserer Meinung auf lange Sicht ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal für uns bilden.

Strategisch ist uns das Thema sehr wichtig, eben weil wir durch Dienstleistungen für unsere Kunden einen Mehrwert schaffen können. Heute sind das rund 14 Prozent unseres weltweiten Umsatzes, und wir glauben, dass dieser Anteil in Zukunft sehr viel höher ausfallen wird. Unsere Händler sind ein wichtiger Bestandteil dieser Digitalisierung und unterstützen unsere Kunden mit diversen Lösungsansätzen, wie Kundenportale für Servicebuchungen, Maschinenmanagement oder auch durch online verfügbare Servicetechniker.

ABZ: Während der Volvo Days wurde auf einer Service-Roadmap gezeigt, was heute an Anwendungen verfügbar ist. Was können wir morgen erwarten?

Slotte: Besonders im Bereich Digitalisierung wird es viel Neues geben. Die connected-map-Anwendung, die wir vorgestellt haben, ist ein sehr gutes Beispiel um zu zeigen, wie aus einer Standortperspektive heraus digitalisiert werden kann. So können wir Lösungen generieren, die Kunden helfen, effektiver zu sein. Sie werden in naher Zukunft viele ähnliche Dinge von Volvo sehen. Wichtig für Kunden ist dabei, Anwendungen aus der Kundenperspektive einzuordnen und zu verstehen, welche Lösungsdimension genutzt oder erschlossen werden könnten, um sich zu verbessern. Also beispielsweise die Produktivität oder die Sicherheit erhöhen.

Eine visualierte Baustellenübersicht allein wird das Problem nicht lösen. Und hier haben wir eine weitere Herausforderung, denn die Lösungsdimension ist das, was wir verkaufen und wovon ein Kunde überzeugt werden muss, dass das gut für ihn ist. Das ist etwas ganz anderes, als nur Maschinen zu verkaufen. Es ist eine unserer größten strategischen Fragen. Wie können wir die Vertriebsorganisation in eine lösungsorientierte Organisation umwandeln?

ABZ: Dann sollte Volvo eine Plattform anbieten, die für alle Hersteller offen ist, damit auch deren Maschinendaten eingelesen oder genutzt werden könnten. Oder damit Maschinen Anwendungen nutzen können. Gewährleistet das die neue Plattform?

Slotte: Wir stimmen diesem Ansatz zu. Wir glauben, dass das offene Plattformdenken das Richtige ist. Bereits jetzt können zum Beispiel bei den Anwendungen Connected Map oder Efficient Load out – auch Maschinen andere Hersteller und diverse andere Fahrzeuge/Lkw eingebunden werden.

Es sollte die Wahl des Kunden sein, welche Maschinen oder Anbaugeräte wie Tiltrotator oder Löffel er verwendet. Prinzipiell haben wir ja schon selber einfache Integrationspunkte für Hersteller von Schwenkrotatoren geschaffen. Wir haben unseren Zulieferern wie Trimble und Topcon eine Basis geschaffen, bei der sie Zugriff auf die existierende Volvo-Hardware haben. So kann wie bei Topcon eine reine Software Lösung angeboten werden oder wie bei Trimble mit minimalem Aufwand auch noch die zu Software dazugehörige Hardware installiert werden.

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