Baurecht

Einsatz eines Baukranes rechtzeitig anzeigen

Der Ausleger eines umgestürzten Baukrans ist in das Dach eines benachbarten Wohnhauses gekracht. Das Schwenken eines Baukrans über den Luftraum eines Nachbargrundstückes fällt nach verschiedenen landesrechtlichen Regelungen unter das Hammerschlags- und Leiterrecht. Die sich hieraus ergebende Duldungspflicht ist in der Regel an verschiedene Voraussetzungen geknüpft, in den meisten Ländern unter anderem an die rechtzeitige Anzeige für die vorzunehmende Maßnahme. Foto: picture alliance/dpa | Arne Dedert

Das Hammerschlags- und Leiterrecht

Das Eigentumsrecht erstreckt sich auf das Erdreich. Der Luftraum ist grundsätzlich nicht Teil des Grundstücks. Eine Befugnis des Grundstückseigentümers zur Verfügung über den Luftraum bis zu einer bestimmten Höhe ergibt sich jedoch aus dem Eigentum. In dicht besiedelten Gebieten ergäbe sich kaum die Möglichkeit zu bauen, wenn dem Nachbarn uneingeschränkte Rechte zur Abwehr der Nutzung des Luftraumes über seinem Grundstück zustünden. So finden sich in fast allen Ländern nachbarrechtliche Regelungen über das sogenannte Hammerschlags- und Leiterrecht. Hierbei handelt es sich um eine gesetzliche Ausformung des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses, wonach ein Nachbar das Grundstück eines anderen Nachbars betreten darf, um von dort aus, erforderliche Baumaßnahmen am eigenen Gebäude vorzunehmen.

Auch das Schwenken eines Baukrans über den Luftraum eines Nachbargrundstückes fällt nach verschiedenen landesrechtlichen Regelungen unter das Hammerschlags- und Leiterrecht. Die sich hieraus ergebende Duldungspflicht ist in der Regel an verschiedene Voraussetzungen geknüpft, in den meisten Ländern unter anderem an die rechtzeitige Anzeige für die vorzunehmende Maßnahme.

Anzeige ist Voraussetzung

Zeigt der Bauherr dem Nachbarn nicht innerhalb der vorgegebenen Zeit, – in der Regel zwei bis vier Wochen – das Benutzen des Nachbargrundstücks durch Überschwenken des Baukrans (mit oder ohne Lasten) an, kann er sich nicht auf das Hammerschlags und Leiterrecht berufen. Sowohl das OLG München (Urteil v. 15.10.2020; Az.: 8 U 5531/20), als auch das OLG Stuttgart (Urteil v. 01.08.2022; Az.: 4 U 74/22) haben entschieden, dass die Anzeige Voraussetzung für die Ausübung des Rechts nicht aber Bedingung des Duldungsanspruchs ist. Was bedeutet das?

Ohne entsprechende Anzeige des Berechtigten wird der Verpflichtete – außer im Falle des Notstands (§ 904 BGB) – das Schwenken des Baukrans über sein Grundstück immer verhindern können. Für die Anzeige ist sowohl der Beginn der Arbeiten nach Tag und Uhrzeit anzugeben als auch der voraussichtliche Umfang der Arbeiten so genau wie möglich zu umreißen.

Sofern der Verpflichtete bei rechtzeitiger Anzeige widerspricht, darf der Berechtigte das Recht nicht im Wege der Selbsthilfe durchsetzen. Vielmehr muss er Duldungsklage erheben und darf das Nachbargrundstück erst aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung in Anspruch nehmen. Er darf das Nachbargrundstück erst dann in Anspruch nehmen, wenn hierzu eine gerichtliche Entscheidung vorliegt.

Praxistipp

Ein einheitliches Bundesrecht zum Hammerschlags- und Leiterrecht besteht nicht. Zumeist finden sich entsprechende Regelungen in den Nachbarrechtsgesetzen der Länder. Die Regelungen zu Inhalt und Umfang, Anzeigepflicht und Schadenersatz sowie zu einer etwaigen Nutzungsentschädigung sind nicht einheitlich formuliert, haben aber im Wesentlichen den gleichen Kern. Ein Blick in das konkret einschlägige Nachbarrechtsgesetz ist für eine zutreffende Rechtsanwendung unverzichtbar. Eine unterlassene Anzeige wiegt so schwer, dass sie selbst bei einer grundsätzlichen Duldungsverpflichtung im Prozess nicht mehr zu heilen und der Prozess bereits aus diesem Grund verloren ist.

 

Kanzlei: RJ Anwälte Jochem Partnerschaftsgesellschaft mbH, Wiesbaden